Das erste Jüdische Museum in Wien

Das 1895 von der „Gesellschaft für Sammlung und Conservierung von Kunst- und historischen Denkmälern des Judenthums“ eröffnete Wiener Jüdische Museum war weltweit das erste seiner Art.

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Ausstellungsraum des ersten Jüdischen Museums in der Malzgasse 16

Ab 1913 war das Jüdische Museum in der Malzgasse 16 im 2. Wiener Gemeindebezirk im Gebäude der Talmud-Thora Schule untergebracht.
Ausstellungsraum des ersten Jüdischen Museums in der Malzgasse 16

Archivalie
Inventarbuch des ersten Jüdischen Museums

Von Anfang an wurden die Bestände des Museums in einem Inventarbuch eingetragen. Kurz vor der Schließung des Museums durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 waren darin 6474 Einträge verzeichnet.
Inventarbuch des ersten Jüdischen Museums

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Die 'Gute Stube' im ersten Jüdischen Museum

Eine der Attraktionen des Museums war die von den Malern Isidor Kaufmann und David Kohn eingerichtete „Gute Stube“. Sie führte dem zum Teil säkular eingestellten, assimilierten Wiener jüdischen Bürgertum ein Idealbild häuslicher Schabbatruhe vor Augen, wie es sich der Künstler in einer fernen Vergangenheit oder im osteuropäischen Schtetl imaginierte.
Die ‘Gute Stube’ im ersten Jüdischen Museum

Reproduktion
Mappe mit Werken Isidor Kaufmanns

Isidor Kaufmann stattete die „Gute Stube“ mit Objekten aus, die er zum Teil auch auf seinen Gemälden abbildete und die ebenfalls ein sehr nostalgisches Bild von osteuropäischer Frömmigkeit vermittelten.
Mappe mit Werken Isidor Kaufmanns

Ritualobjekt
Wandleuchter aus der 'Guten Stube'

Einige der Objekte – so z.B. dieser Wandleuchter – sind bis heute im Bestand des Museums erhalten geblieben.
Wandleuchter aus der ‘Guten Stube’

Alltagsobjekt
Puppe mit Sterntichel

Zu den Sammlungsschwerpunkten des ersten Jüdischen Museum gehörten volkskundliche Objekte, viele davon aus Osteuropa. Manche der Leihgeber:innen und Sponsor:innen des Jüdischen Museums stammten selbst aus den nordöstlichen Provinzen des Habsburgerreiches, so auch die in Brody in Galizien geborene Adele von Mises. Sie besaß eine Sammlung an jüdischem Frauenkopfputz, die sie 1920 dem Jüdischen Museum in Wien vermachte.
Puppe mit Sterntichel

Alltagsobjekt
Purim-Ratsche

Sehr wichtig war den Betreibern des ersten Jüdischen Museums der internationale wissenschaftliche Austausch. So stand das Museum in enger Verbindung mit dem Arzt und Ethnographen Samuel Weissenberg aus Elisabethgrad im damaligen russischen Reich. Weissenberg stellte dem Museum seine umfangreiche ethnographische Sammlung zur Verfügung.
Purim-Ratsche

Schautafel
'Aufbau des Landes. Das neuhebräische Schulwerk und geistiges Leben im neuen Palästina'

Ab den 1920er-Jahren baute Jakob Bronner, der Kurator des jüdischen Museums, eine Palästina-Abteilung auf, um die Entwicklung der Region und die zionistische Aufbauarbeit zu dokumentieren.
‘Aufbau des Landes. Das neuhebräische Schulwerk und geistiges Leben im neuen Palästina’

Tora-Mantel
Meil der Familie Arnstein

Ein weiteres Highlight des Museums war das sogenannte „Wiener Zimmer“, das den Fokus auf die Lokalgeschichte und auf bedeutende Vertreter:Innen der Jüdischen Gemeinde in Wien legte.
Meil der Familie Arnstein

Gewürzbüchse
Besamim-Büchse aus Holz

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im März 1938 wurde das Jüdische Museum unverzüglich geschlossen. 1939 zeigte der Anthropologe Josef Wastel einen Teil der Objekte in der von ihm konzipierten antisemitischen Ausstellung „Über das körperliche und seelische Erscheinungsbild der Juden“. Danach wurden die Bestände des Jüdischen Museums dem Völkerkundemuseum, das damals zum Naturhistorischen Museum gehörte, einverleibt, wo sie mit neuen Inventarnummern versehen wurden.

Anfang der 1950er-Jahre restituierte das Völkerkundemuseum die erhalten gebliebenen Bestände an die Israelitische Kultusgemeinde. Viele Objekte sind für immer verloren, ob mutwillig zerstört oder gestohlen ist heute nicht mehr rekonstruierbar.

Besamim-Büchse aus Holz